1 Regenmantel


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Gelangweilt klickt they die gerade beantwortete Email weg und starrt auf die Exceltabelle, die darunter zum Vorschein kommt. Heute ist ein speziell dröger Arbeitstag, und nicht ein mal die satt grün gefärbten „Summe“-Felder vermögen es, their Stimmung zu heben. Wenn sie rot gewesen wären, hätte es wenigstens etwas zu tun gegeben! Aber nein, die Finanzen sind in Ordnung, auf der To Do Liste stehen nur langfristige Pläne, die Chefetage ist zufrieden — und they hat nichts zu tun. Their Mauszeiger schwebt über dem Solitair-Icon.

„Tüdelü“ macht die Sprechanlage. They nimmt den Mauszeiger vom Klickspiel weg und drückt stattdessen auf den Knopf. „Ja?“
„Hier ist gerade ein Paket für Sie angekommen,“ sagt die Person aus theirs Vorzimmer, „soll ich es hineinbringen?“
They unterdrückt ein Seufzen und fragt zurück: „Die Quittungen aus der Finanzabteilung?“
Kurze Pause, Rascheln, dann meldet sich die Vorzimmer-Person wieder: „Nein, von ausser Haus. Es steht ~dringend~ und ~vertraulich~ darauf.“

They horcht auf. DAS klingt interessant! „Dann nehme ich es direkt, Danke.“
Einen Moment später liegt ein unscheinbares, braungraues Paket auf theirs Schreibtisch, vielleicht doppelt so gross wie ein handelsüblicher Schuhkarton. They bedankt sich erneut, und lächelt die Vorzimmerperson dann so lange an, bis diese versteht, dass ihre Neugierde heute nicht befriedigt werden wird, und den Raum wieder verlässt.

Erst dann macht they sich daran, das Paket zu öffnen. Es hat eine eindeutige Oberseite und einen aufklappbaren — wenn auch zugeklebten — Deckel. They schneidet vorsichtig die Klebestreifen durch, und hebt den Deckel. Their Blick fällt auf eine mit Schnörkeln verzierte Karte.

„Mach dich hübsch,“ steht auf der Karte, „und warte im Bett auf mich.“
Unter der Karte liegt ein durchsichtiger Regenmantel und ein Halsband.

Their Mund ist trocken. Eine Stimme in their Hinterkopf rät dringendst, den Deckel schnell wieder zu schliessen. Aber their Hand greift stattdessen — allen vernünftigen Hinweisen zum Trotz — in das Paket und streicht andächtig über das glatte, kühle Material des Regenmantels. They spürt ein Prickeln am ganzen Körper.

Langsam, wie in Trance, nimmt they die Hand aus dem Karton, schliesst den Deckel, und verstaut das Paket unter dem Schreibtisch.
Their Blick geht zur Uhr am Bildschirm. Drei Stunden bis Feierabend.
Aber Solitair bleibt geschlossen. Their Kopfkino hat spontan für eine Sondervorstellung geöffnet.

Eine dreistündige Sondervorstellung, in der they sich nackt in den Mantel hüllt, die schwere Bettdecke über sich zieht so dass sie bis zum Halsband geht, und erkundet wie wenig Bewegung nötig ist, um Reibung herzustellen — bis zu dem Moment wo der Star der Vorstellung auftauchen wird, der mit diesem hinreissenden wie diabolischen Lächeln und den vielversprechenden Postsendungen.
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Die CNs für diese Geschichte:

Regenmantel im Bett, semi-öffentlich, implizierter Metakonsens

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