29 LARP Folter

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Der Kampf war so schnell wieder vorbei, dass ich mein Schwert nur ein einziges Mal hatte benutzen können. Ich steckte es weg und besah die Lage: Fünf der NPCs, die uns angegriffen hatten, lagen bewegungslos am Boden, eine davon hatte ich „getötet“. Der zerfetzten Kleidung nach zu urteilen waren es wohl Räuber_innen. Von uns war offenbar niemand verletzt.

Zwei unserer Kämpfer_innen hielten den einzigen überlebenden Räuber fest.
„Was machen wir jetzt mit dem?“, fragte ich in die Runde.
„Aufhängen!“, brüllte irgendwer.
Wild durcheinander schallten begeisterte Zustimmung, entsetzte Ablehnung, und ein halb OT-er Vorschlag, ihn zu looten. Schliesslich erhob sich die berechnende Stimme einer unserer magiebegabten Personen über das Gewirr: „Es könnten noch mehr Räuber im Wald versteckt sein, die es auf unsere Fracht abgesehen haben. Wir nehmen ihn mit und verhören ihn!“

„Ich sage nichts!“, schrie der Gefangene sofort und versuchte sich loszureissen. Eine unserer Söldnerinnen pömpfte ihn kommentarlos.
„Fesselt ihn und nehmt ihn mit!“, fasste unser Anführlon zusammen, und brachte wieder Ordnung in unseren Trupp. „Abmarsch!“
Die „toten“ NPCs hatten sich in der Zwischenzeit ausge-x-t und waren wieder gegangen. Ich war neugierig, wann der gepömpfte Gefangene wieder „aufwachen“ würde, aber da er von vornherein selber lief, statt als Bewusstloser getragen zu werden, liess sich das nicht so gut feststellen. Zumindest wehrte er sich nicht mehr, bis wir wieder an der Burg angekommen waren.

Unser Trupp zerstreute sich. Die Magiebegabten kümmerten sich um die magische Sicherstellung unserer Fracht, die Söldner_innen wurden zum Teil als Wachen abgestellt, unser Anführlon ging Meldung machen. Ich stellte mein Schwert weg und ging erstmal Mittagessen. Gegen Ende bekam ich Gespräche darüber mit, dass der Gefangene in den Kerker gesperrt worden war. Es waren wilde Gerüchte darüber im Umlauf, was genau wir überhaupt in die Burg gebracht hatten, was die Räuber_innen damit wollten, ob weitere Überfälle zu befürchten waren, und was jetzt sonst weiter passieren würde.

Ich ass auf, steckte mein Schwert wieder ein, und wollte den Kerker suchen, wo der Gefangene eingesperrt war. Stattdessen lief ich unserem Anführlon über den Weg, dier gerade Söldner_innen zusammentrommelte. Ich stellte mich dazu. Xier informierte uns, dass die Dame Wilarda — unsere Fürstin — gemeinsam mit ihrem Beraterstab entschieden hatte, dass der Gefangene tatsächlich verhört werden solle. Es wurden Wachen gesucht, die einerseits den Verhörraum nach aussen sicherten, und andererseits im Verhörraum drinnen bereitstanden, falls rohe Körperkraft gebraucht würde. Das Verhör selbst würde unser oberstes Magielon führen, das sich natürlich magisch absichern konnte. Aber manchmal war eben auch mundane Kraft nötig. Ich meldete mich als Wache für drinnen, ich wollte zusehen!

Wir waren schlussendlich zu dritt, die Wachen für draussen zu viert. Im Verhörraum stand ein einfacher Holzstuhl mitten im Raum. Um den Stuhl herum war mit Kreide ein Kreis auf den Boden gezeichnet und mit allerlei mystischen Symbolen versehen. An der linken Wand stand ein Tisch, der mit einem Tuch abgedeckt war.
Unser Anführlon postierte uns links und rechts von der Tür. Die Spielleitung sagte uns OT, dass wir jederzeit rausgehen und uns auswechseln lassen konnten, falls es uns zu viel wurde.

Von irgendwo draussen war Geschrei zu hören. „Ah, da kommt der Gefangene,“ sagte eine der Wachen herablassend.
Und tatsächlich, kurz darauf wurde der Gefangene von zwei unserer Söldner_innen gebracht. Sie hielten ihn links und rechts an den Armen fest. Als die drei an mir vorbeigingen, sah ich, dass der Gefangene ein zusammengerolltes Stück Seil auf dem Rücken zwischen den Händen hielt, um Fesseln zu simulieren. Sie setzten den Gefangenen auf den Stuhl und führten seine Hände hinter der Stuhllehne zusammen, wo er wieder das Seil festhielt.

Es war wirklich beeindruckend, wie die Spielerin des Gefangenen sich wehrte und in den Fesseln zappelte, ohne dass sie je tatsächlich körperlich eingeschränkt wurde. Nur die psychischen Einschüchterungen waren echt. Eine Söldnerin brüllte den Gefangenen plötzlich von ganz Nahem an, er solle das Maul halten, worauf er im Stuhl zurückzuckte und tatsächlich leiser wurde.

Ich war so gefesselt von der Szene, dass ich gar nicht richtig mitbekam, wie das Magielon und sein Schüler den Raum betraten. Das Magielon unterstand direkt der Fürstin Wilarda, so viel hatte ich mitbekommen, eine Person von hohem Stand also. Es trug eine elegante schwarze Robe mit gold und blauem Besatz, und würdigte uns keines Blickes.
Dier Anführlon hatte wartend an der Wand gelehnt, richtete sich jetzt auf und deutete eine Verbeugung an. „Eure Spektabilität. Wir haben alles vorbereitet.“

Das Magielon nickte und sah sich im Raum um. „Du,“ es deutete auf mich und ich erschrak, „da rüber!“ Ich ging auf die andere Seite der Tür, wo ich wohl weniger im Weg war.
„Ihr seid hier nur,“ sagte es an uns Wachen gerichtet, „um die Nerven der Mundanen zu beruhigen, und weil ich den Gefangen für ungefährlich halte. Wenn er MIR gefährlich werden könnte, hättet ihr erst Recht keine Chance. Ich stehe zwischen euch und dem Tod. Also steht MIR nicht im Weg herum und stört mich nicht bei der Arbeit.“

Ich unterdrückte ein Augenrollen. Typisch überhebliche Magiebegabte.
Das Magielon wandte sich dem Gefangenen zu. „Bist du bereit, auszusagen?“
Der Gefangene fing sofort wieder an, an den „Fesseln“ zu zerren. „Niemals!“, rief er und spuckte vor dem Magielon auf den Boden.
Es beachtete den Gefangenen nicht. Stattdesen ging es zum bedeckten Tisch und zog das Tuch weg. Ich sah den Gefangenen davor zurückschrecken und reckte den Hals, um zu sehen was da lag. Aber ich konnte nur sehen dass verschiedene Werkzeuge, Schüsseln und auf dem Tisch lagen, nicht was es genau war.

Der Gefangene fing an, zu protestieren, und zerrte wieder an den Fesseln. So sehr, dass ich schon befürchtete, der Stuhl könnte kippen.
Das Magielon hob langsam die Arme. Ich hörte es eine Beschwörung murmeln, aber konnte keine Wörter verstehen. Plötzlich ging das Licht aus! Nur der Gefangene wurde noch angestrahlt, und der Kreis mit den Symbolen am Boden leuchtete hell auf. UV-Licht! Genial.

Das Geschrei des Gefangenen brach abrupt ab. Ich sah noch, dass das Magielon sich zum Gefangenen heruntergebeugt hatte um ihm etwas zuzuflüstern. Vermutlich die Erklärung für den Zauber.
Dann ging das Licht wieder an. Der Gefangene bewegte sich jetzt nicht mehr, sondern sass stocksteif auf dem Stuhl. Also wahrscheinlich Erstarrungsmagie? Ich merkte, dass ich Ehrfurcht vor der Person hinter dem Magielon spürte, wegen der elaborierten Vorbereitung und der beeindruckenden Darstellung — vermutlich ungefähr die Ehrfurcht, die meine Söldnerin ohnehin vor dem Magielon der Fürstin hätte. Sehr passend.

Das Magielon trat direkt vor den Gefangenen, griff unter sein Kinn und zwang ihn, zu ihm hoch zu sehen. „Du siehst,“ sagte es ruhig, „ich brauche keine rohe Gewalt, damit du tust was ich will.“
Der Gefangene schluckte. Ich sah wie seine Augen zu uns flackerten, dann sah er wieder das Magielon an.
„Stattdessen könnte ich zum Beispiel mit einem Zauber dafür sorgen, dass du Schmerzen hast. Ein einziges Wort von mir.. und du würdest spüren, wie sich Wärme in deinem Körper ausbreitet. Erst angenehm, wie wenn du im Sonnenlicht stehst. Dann wird es stärker, wie wenn du dich der Flamme einer Kerze näherst. Nur dass du nicht wegzucken kannst wenn du zu nahe kommst. Mein Zauber zwingt dich, näher und näher zu gehen. Es wird heisser, bis du spürst wie die Hitze deine Haut versengt, bis sie aufplatzt. Hast du dich schon mal verbrannt? Dann weisst du wie es sich anfühlt, aber am ganzen Körper. Und es wird immer noch heisser und heisser. Du kannst der Hitze nicht entkommen. Bis deine Knochen glühen und zu Asche verbrennen..“ Das Magielon machte eine Kunstpause und ich merkte, dass ich den Atem angehalten hatte.

Es liess den Gefangenen los. „Aber natürlich ohne dass von aussen etwas zu sehen ist.“ Es lächelte kalt. „Du würdest nicht tatsächlich verbrennen, es fühlt sich nur so an. Dadurch bleibt dein Körper intakt und ich kann dich die Schmerzen wieder und wieder spüren lassen. Bis du redest.“
Der Gefangene atmete jetzt merklich schneller. Ich konnte fast schon spüren wie mir selber warm wurde. Dann ging der Söldner neben mir an mir vorbei und zur Tür raus. Verständlich.

„Also,“ fuhr das Magielon fort, „wir beginnen mit etwas einfachem: Wie ist dein Name?“
Der Gefangene presste die Lippen zusammen. Dann schloss er die Augen. „Viktor.“ Er sagte es so leise, dass ich es zuerst fast nicht verstand.
„Gut, Viktor. Warum habt ihr uns angegriffen?“
„Wir sollten etwas stehlen. Eine Truhe.“
„Das habt ihr ja glorreich vermasselt. Was ist in der Truhe?“
„Das weiss ich nicht.“
Das Magielon drehte sich vom Gefangenen weg und liess die Hand über die Wekzeuge gleiten. „Schau, Viktor, das glaube ich dir nicht.“
Viktors Gesicht nahm einen verbissenen Ausdruck an.

Das Magielon nahm ein Messer vom Tisch auf, drehte sich wieder zum Gefangenen und hielt ihm die Spitze der Klinge unters Kinn. „Was ist in der Truhe?“
Der Gefangene gab ein erschrockenes Geräusch von sich. „Ich weiss es nicht! Etwas magisches!“
„Siehst du,“ es zog das Messer wieder weg, „du weisst es ja doch. Für wen solltet ihr die Truhe stehlen?“
Der Gefangene atmete heftig aus. „Ich weiss es nicht. Nein!“, rief er, als das Magielon das Messer wieder hob, „ich weiss es wirklich nicht! Es war ein Auftrag, aber ich weiss nicht von wem!“

„Hm.“ Das Magielon drehte das Messer gedankenverloren in den Händen. Es wandte Viktor und uns den Rücken zu. Ich bewunderte kurz den Schneid, dann fiel mir wieder ein, dass Viktor ja magisch bewegungsunfähig gefesselt war. Er stellte absolut keine Gefahr für das Magielon dar.
„Wie viele Leute gehören zu eurer Bande?“
„Hunderte!“
Das Magielon lachte. Blitzschnell fuhr es herum, und berührte Viktor mit dem Messer am nackten Oberarm. Viktor schrie auf. An seinem Arm war ein blutiger Schnitt.

Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Dann fing ich mich mühsam wieder. Es hatte sie nicht wirklich geschnitten — sondern vermutlich im Versteckten das Schaumgummimesser mit Kunstblut beschmiert, um es dann an Viktors Arm quasi abzuwischen. Beim genauen Hinsehen hatte das „Blut“, das aus dem „Schnitt“ Viktors Arm herunterlief auch die falsche Farbe. Trotzdem. Puh.

„Das passiert, wenn du mich anlügst, Viktor,“ erklärte das Magielon derweil. „Also. Wie viele seid ihr?“
„Fünfzehn,“ keuchte Viktor.
„Und wo ist euer Lager?“
„Beim alten Steinbruch.“
Das Magielon sah zu unserem Anführlon. Xier nickte. „Ich weiss, wo das ist. Unsere Späherinnen werden das überprüfen.“ Xier verliess den Raum.

Ich war hin- und her gerissen. Eigentlich wollte ich weiter zusehen. Aber vermutlich war jetzt alles Wichtige passiert, und die nächste Action würde eher beim Steinbruch geschehen. Vielleicht ein Retour-Überraschungangriff? Den wollte ich nicht verpassen! Ich gab der verbleibenden Wache ein Zeichen und ging ebenfalls raus, dem Anführlon hinterher.

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Die CNs für diese Geschichte:

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