19 complete immobilisation


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Beim putzen des Labors fiel sein Blick auf das unscheinbare Fläschen im Regal. Es stand zwischen verschiedenen anderen Tinkturen, manche davon kannte er und manche nicht – aber dieses stach für ihn heraus. Er war dabei gewesen, als sein Meister es abgefüllt hatte.

Der Auftrag, von dem es stammte, war noch gar nicht lange her. Sein Meister war von Verbündeten gerufen worden, um gemeinsam den Weinkeller irgendeiner reichen Person zu säubern. Ein Monster hatte sich in dem Keller eingenistet, und schon mehrere Leute waren ihm zum Opfer gefallen.

Ihn schauderte bei der Erinnerung. Es war gut ausgegangen am Ende, aber die Erfahrung hing ihm noch nach.
Schon die Menge an anwesenden Fachpersonen hatte darauf hingedeutet, dass es um eine grössere Sache ging. Sein Meister hatte fast alle davon mit Namen begrüsst – er selbst kannte nur Hexenmeisterin Oleandra Vyssoren, und auch die nur vom Sehen.

Trotzdem hatte er sich gut vorbereitet gefühlt. Sein Meister hatte ihn extra vor der Reise mit einem komplexen Schutzzauber belegt, und sie waren die Abwehr- und Angriffmechaniken des Monsters auf dem Weg nochmal gründlich durchgegangen. Das Monster gehörte in die Kategorie der Aberrationen, also furchtbare ausserweltliche Kreaturen, die auch für stärkste Magiekundige noch eine Herausforderung waren. Das spezielle Exemplar im Weinkeller hatte mit dornenbesetzten Ranken angegriffen und unentwegt eine gefährliche Substanz abgesondert, die lebende Wesen bei Berührung zu Stein erstarren liess.

Er griff gedankenverloren das Fläschchen mit genau jener Substanz, eine träge, graubraune Flüssigkeit. Sein Meister hatte ihn mit in den Weinkeller genommen, damit er ihm zur Seite stehen und etwas lernen konnte. Das hatte auch gut funktioniert. Bis zu dem schicksalshaften Moment, in dem ihn eine der Ranken getroffen hatte. Er erinnerte sich an den scharfen Schmerz, als wäre es erst gestern gewesen. Nach dem Schmerz erinnerte er sich vor allem an das erschrockene Gesicht seines Meisters, der grimmig die Situation abgeschätzt und sich dann zwischen ihn und das Monster gestellt hatte.

Er erinnerte sich, dass ein taubes Gefühl von der Wunde ausgegangen war und sich über seinen Körper ausgebreitet hatte. Innert Sekunde konnte er sich nicht mehr bewegen. Keinen Muskel. Er konnte nicht mehr angreifen, sich nicht verteidigen, nicht mal flüchten. Seine Augen waren starr, er konnte die Lider nicht schliessen, nicht den Blick abwenden. Hilflos sah er zu, wie der Kampf um ihn herum weiterging. Um ihn und um die anderen versteinerten Opfer herum. Er bekam alles aus nächster Nähe mit, ohne auch nur einen Finger rühren zu können.

Er wusste, dass er nur wenige Minuten versteinert gewesen war. Und dass ihn der Schutzzauber vor dem Schlimmsten bewahrt hatte. Dennoch. Er atmete tief durch. Es waren sehr, sehr lange Minuten gewesen. Er drehte das Fläschchen in der Hand und beobachtete die Bewegung der Flüssigkeit. Wenn er jetzt den Korken herausziehen und die Substanz berühren würde, dann würde das Gleiche nochmal passieren. Und diesmal – ohne den speziellen Schutzzauber – in der ungehemmten Variante.

Irgendwann im Lauf des Tages würde sein Meister ihn finden und wieder entsteinern. Genauso wie damals. Der Kampf damals im Weinkeller war ausserhalb seines Blickfeldes zu Ende gegangen. Er hatte es nur hören können. Plötzlich war sein Meister wieder bei ihm gewesen und hatte einen komplizierten Zauber gewirkt. Er erinnerte sich, wie sein Körper mit einem Mal schlaff geworden war, und wie sein Meister ihn aufgefangen und in eine sitzende Position gebracht hatte. Er erinnerte sich, wie seine Augen gebrannt hatten vom ständigen offen halten, dass seine Wangen deswegen tränenüberströmt gewesen waren. Und er erinnerte sich, was sein Meister gesagt hatte: „Du hast gut durchgehalten.“

Er schüttelte irritiert den Kopf. Was dachte er da bloss! Wenn er sich jetzt selbst nochmal in diese Situation brachte, würde sein Meister eindeutig andere Worte für ihn haben! Noch dazu war die Substanz kostbar und durfte nicht vergeudet werden.
Vorsichtig stellte er das Fläschchen zurück ins Regal. Es war ein eindrückliches und lehrreiches Erlebnis gewesen. Jedes Mal, wenn er das Fläschchen sah, musste er daran denken. Und jedes Mal überlegte er, wie es wohl wäre, das Fläschchen zu öffnen und es noch einmal zu erleben..

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Die CNs für diese Geschichte:

Magie, Erinnerung an ein nicht-konsensuelles Erlebnis (ein Kampf gegen ein Monster mit versteinerungs-Fähigkeit), detaillierte Beschreibung des versteinert-werdens und versteinert-seins und der Hilflosigkeit, Happy End, Bedürfnis danach nochmal kontrolliert versteinert zu werden (die Person versteht dieses Bedürfnis aber selbst nicht so ganz)

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